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«Pionierpflanzen gedeihen hierzulande gut»

Die Liechtensteiner Sängerin, Theatermusikerin und Künstlerin Karin Ospelt erhält einen IBK-Förderpreis.

Bettina Kugler, Fotos: Niklas Thalmann
erschienen im St.GallerTagblatt/Ostschweizer Kultur am Dienstag, 05. November 2024

Lesedauer: 2,5 Minuten

Dienstag, 05.11.24

Mal lotet sie Räume mit ihrer Stimme aus, mal bedruckt sie Liechtensteiner Schnee mit Randensaft: Die Jazzsängerin Karin Ospelt macht audiovisuelle Kunst, oft mit bewusst reduzierten Mitteln. Dafür erhält sie am Mittwoch einen der Kultur-Förderpreise der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK).

Städte mit B scheinen Karin Ospelt magisch anzuziehen. Da sind zunächst Bern, Basel, Bologna, wo die Liechtensteinerin Kunst und Jazzgesang studiert hat. Anschliessend ging sie für eine künstlerische Residenz nach Berlin und pendelte in den letzten Jahren wieder zwischen Basel und ihrer Heimat, diesem «schönen, warmen Nest», wie sie sagt. Gerade hat sie sich wieder in Schaan eingerichtet und Basel den Rücken gekehrt. Es ist also für sie nur ein Katzensprung zu unserem Treffpunkt in Buchs – noch eine (wenn auch kleine) Stadt mit B.

Sie will gerade entschleunigen, ihren künstlerischen Fokus neu ausrichten: nach innen. Da kommt der Förderpreis der Internationalen Bodenseekonferenz, der Karin Ospelt am Mittwoch in Appenzell verliehen wird, gerade zur rechten Zeit. «Man kann nicht immer nur säen und ernten; es braucht auch Brachzeiten. Das Beste entsteht aus der Ruhe.» Zuletzt war ihr Basel zu laut geworden, zu umtriebig. «Aber die Jahre dort haben mich stark geprägt.»

«Das Beste entsteht aus der Ruhe.»
Karin Ospelt

Ihre Installationen verbinden Klang und Poesie

Als sie nach der Schulzeit aufbrach und das warme Nest Liechtenstein einstweilen verliess, war sie für alle zu Hause «die Jazzsängerin» – aber eben nicht nur. «Ich habe schon vor dem Studium neben der Musik auch anderes auf die Beine gestellt, mich für Kunst interessiert, Ausstellungen organisiert. Habe einerseits in Bands gesungen, andererseits im Orchester gespielt», erzählt Ospelt. Die Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen interessierte sie: Stimme und Instrumente, die Vielschichtigkeit von Worten, die Fülle an Farben, Materialien, Medien, Präsentationsformen in der visuellen Kunst.

Alles, was sie im Alltag umgibt, inspiriert Karin Ospelt: als Sängerin und Songwriterin, als Theatermusikerin ebenso wie als bildende Künstlerin. Sie singt solo und im Jazzduo mit dem Pianisten Daniel McAlavey, macht Female Jazz, Synthie-Pop und visuelle Poesie. Anfangs hielt sie die Kunstformen noch auseinander, wollte auf dem jeweiligen Terrain erst einmal festen Boden unter den Füssen spüren. Doch längst fliessen Klang, Musik, Sprache, Performance und Visuelles in ihren Projekten und Arbeiten ineinander.

Gerade hat sie das Fürstentum Liechtenstein an der Kunstbiennale in Venedig vertreten: mit einer Videoarbeit, in der sie Randenabdrücke auf Liechtensteiner Schnee festgehalten hat. In «Randen» hört sie das Wort «Rand» mitschwingen, auch das Synonym «rote Beete» hat sie inspiriert. Überhaupt mag Karin Ospelt die poetische Vielschichtigkeit von Worten, spielt in ihrer Musik ebenso wie in raumgreifenden Installationen gern mit deren Klangqualität, mit dem Geräuschhaften und mit unterschiedlichen Bedeutungen. Es reizt sie, für Unsagbares eine Sprache zu finden.

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«Es gibt hier viele kleine Initiativen und Projekte, aus denen etwas wachsen kann.»
Karin Ospelt

Gongs und Steeldrums für Brechts «Galilei»

Wohl auch deshalb kreiert sie gern Musik für Wortprogramme und für das Liechtensteiner Theater am Kirchplatz. Im Januar 2025 wird dort Brechts «Leben des Galilei» Premiere feiern, die sechste Produktion, bei der Karin Ospelt die musikalische Leitung hat. Das Instrumentarium muss passen, findet sie – auch visuell. Es wird also auf kreisförmiges Schlagwerk hinauslaufen, auf Gongs und Steeldrums.

Eine von vielen Formationen, in denen Karin Ospelt mitwirkt, heisst Pioneer Plant: ein Name, der für die vielseitige Künstlerin Programm ist. Es sind die ersten zarten Pflänzchen auf kargem, vorher vegetationsfreiem Gelände; sie passen sich an, wachsen auch dort, wo vorher nichts war – und vielleicht neue Artenvielfalt entstehen kann. Die Schweiz und Liechtenstein, sagt sie, seien gute Orte für kulturelle Pionierpflanzen. «Es gibt hier viele kleine Initiativen und Projekte, aus denen etwas wachsen kann.»

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